Pharmakogenetics

Patient nicht gleich Patient

Die Wirkung von Asthmamedikamenten kann recht unterschiedlich ausfallen: Manche Patienten reagieren überdurchschnittlich positiv, andere hingegen unerwartet schlecht. Eine Studie zeigt auf, wie verschieden die Patientenreaktionen bei den Beta 2 Mimetika ausfallen.

Große Unterschiede gibt es bei Asthmatikern in ihrer Reaktion auf Beta 2 Mimetika. Ursache dafür ist ein Polymorphismus in der Position B 16 des Betarezeptors: Die Abfolge der Aminosäuren ist dort Arginin/Arginin oder Glycin/Glycin (Arg/Arg oder Gly/Gly). Je nach der Ausprägung dieses Polymorphismus (Genotyp) ist die regelmäßige Anwendung von Beta 2 Mimetika schädlich oder positiv. Das gilt sowohl für kurzwirksame als auch für langwirksame Beta 2 Mimetika.
Beim Polymorphismus Arg/Arg kommt es bei erstmaliger Anwendung von Beta-2-Mimetika zu einem besseren Ansprechen als beim Gly/Gly-Polymorphismus. Allerdings haben Homozygote Arg/Arg-16-Patienten höhere Exacerbationsraten unter einer Dauertherapie mit Salbutamol (1) als unter Placeboanwendung. Auch bei Kindern existieren diese Unterschiede des Polymorphismus (2). Bei heterozygoten Trägern (Arg/Gly) besteht dagegen kein Unterschied (1). Der negative Effekt der regelmäßigen Gabe von Salbutamol bei Arg/Arg-Patienten lässt sich auch im Peak-Flow zeigen (3). Zwar ist die regelmäßige Anwendung kurzwirksamer Beta-2-Mimetika keine Standardtherapie, die Dauertherapie mit langwirksamen Beta-2-Mimetika aber sehr wohl.

Die Unterschiede der verschiedenen Polymorphismen lassen sich unangenehmerweise auch bei Medikamenten nachweisen: In der so genannten Socs-Studie (4) erfolgte die Therapie mit Salmeterol (Serevent®) als Monotherapie vs. Placebo. Hier kam es in der Arg/Arg-Gruppe zu einem signifikantem Peak-Flow-Abfall im Vergleich zum Placebo. Auch die Monotherapie mit langwirksamen Beta-2-Mimetika ist nicht leitlinienkonform. Aber in der Slic-Studie erfolgte die Therapie zeitgleich mit inhalativen Steroiden (5). Diese war nicht protektiv bezüglich eines Peak-Flow-Abfalls. Vielmehr kam es auch hier in der Arg/Arg-Gruppe zu einem Peak-Flow-Abfall unter Dauertherapie mit Salmeterol/Fluticason (Viani®):
Unter der Kombinationstherapie Salmeterol/Fluticason stieg in der Arg/Arg-Gruppe zunächst der Peak-Flow deutlichen an. Nach Ausbilden der Down-Regulation der Beta-Rezeptoren (nach etwa 10-wöchiger Behandlung) kam es dann zu einem deutlichen Abfall der Peak-Flow- Werte. Klinisch bedeutet dies, dass nach initial guter Einstellung mit z.B. Viani® ein Abfall des Peak-Flows bzw. der Lungenfunktion bei diesem Polymorphismus auftreten kann (trotz fortgesetzter guter Compliance).
Bislang fußen diese Daten nur auf retroperspektiven Studien. Eine prospektive Studie ist geplant. Wenn diese die gleichen Ergebnisse zeigt, wäre die Implementation eines Genscreenings vor Einsatz langwirksamer Beta-2-Mimetika sinnvoll. Dabei tritt der ungünstige Arg/Arg-Polymorphismus bei etwa 10%-15% der Kaukasier, jedoch bei 25% der Afroamerikaner auf. 

Eine Metaanalyse (6) zeigt, dass in einer Gesamtpopulation Patienten mit dem Polymorphismus Gly/Gly an Position 16 insgesamt eine schlechteres Outcome bezüglich Asthma bronchiale haben als Arg-16-Homozygote. Arg-16-Homozygote profitierten jedoch nicht von einer Dauerbehandlung mit Beta-2-Memetika, sondern werden hierunter schlechter.

von Dr. Gerd Schauerte, pädiatrischer Pneumologe im CJD Asthmazentrum Berchtesgaden: Eine Zusammenfassung der beiden Vorträge "New Insights into Asthma Drugs: What is Pharmacogenetics" von Michael E. Wechsler und "Asthma with Beta Adrenergic and Other Pharmacologic Polymorphismus" von John Oppenheimer, Newark, NJ im Rahmen des AAAAI Kongress 2006, Miami

Literatur:

(1) Taylor DR, Drazen JM, Herbison GP, Yandava CN, Hancox RJ, Town GI. Asthma exacerbations during long term beta agonist use: influence of beta(2) adrenoceptor polymorphism. Thorax. 2000 Sep;55(9):762-7.

(2) Martinez FD, Graves PE, Baldini M, Solomon S, Erickson R. Association between genetic polymorphisms of the beta2-adrenoceptor and response to albuterol in children with and without a history of wheezing. J Clin Invest. 1997 Dec 15;100(12):3184-8.

(3) Israel E, Drazen JM, Liggett SB, Boushey HA, Cherniack RM, Chinchilli VM, Cooper DM, Fahy JV, Fish JE, Ford JG, Kraft M, Kunselman S, Lazarus SC, Lemanske RF, Martin RJ, McLean DE, Peters SP, Silverman EK, Sorkness CA, Szefler SJ, Weiss ST, Yandava CN. The effect of polymorphisms of the beta(2)-adrenergic receptor on the response to regular use of albuterol in asthma. Am J Respir Crit Care Med. 2000 Jul;162(1):75-80.

(4) Lazarus SC, Boushey HA, Fahy JV, Chinchilli VM, Lemanske RF Jr, Sorkness CA, Kraft M, Fish JE, Peters SP, Craig T, Drazen JM, Ford JG, Israel E, Martin RJ, Mauger EA, Nachman SA, Spahn JD, Szefler SJ; Asthma Clinical Research Network for the National Heart, Lung, and Blood Institute. Long-acting beta2-agonist monotherapy vs continued therapy with inhaled corticosteroids in patients with persistent asthma: a randomized controlled trial. JAMA. 2001 May 23-30;285(20):2583-93.

(5) Lemanske RF Jr, Sorkness CA, Mauger EA, Lazarus SC, Boushey HA, Fahy JV, Drazen JM, Chinchilli VM, Craig T, Fish JE, Ford JG, Israel E, Kraft M, Martin RJ, Nachman SA, Peters SP, Spahn JD, Szefler SJ; Asthma Clinical Research Network for the National Heart, Lung, and Blood Institute. Inhaled corticosteroid reduction and elimination in patients with persistent asthma receiving salmeterol: a randomized controlled trial. JAMA. 2001 May 23-30;285(20):2594-603.

(6) Contopoulos-Ioannidis DG, Manoli EN, Ioannidis JP. Meta-analysis of the association of beta2-adrenergic receptor polymorphisms with asthma phenotypes. J Allergy Clin Immunol. 2005 May;115(5):963-72.