Asthma-Prävalenz

Anstieg der Asthmahäufigkeit stagniert offenbar

Der Häufigkeitszuwachs von Asthma und Allergien hat offenbar seinen Höhepunkt überschritten. Eine neue Studie zeigt, dass in den letzten zehn Jahren bei deutschen Kindern kein weiterer Anstieg der Prävalenz zu beobachten ist.

Bei Viertklässlern in Baden Württemberg, die zwischen 1992 und 2001 regelmäßig untersucht wurden, zeigte sich keine signifikante Änderung bei der Zahl der diagnostizierten Asthmafälle und auch nicht bei der Zahl der Kinder, die unter Heuschnupfen leiden. Das bedeutet einen Wandel in der Entwicklung zwischen 1970 und 1990. In diesem Zeitraum wurden in verschiedenen Ländern ansteigende Prävalenzraten von Asthma und Allergien nachgewiesen.
An der Studie waren bis zu 1.500 Kinder beteiligt. Anhand eines Fragebogens in Anlehnung an den Fragebogen der ISAAC-Studie (2) wurde die Sensibilisierungsrate (33%), das ärztlich diagnostizierte Asthma bronchiale (um 5%), die Asthmasymptome (Giemen) in den letzten 12 Monaten (um 10%), der ärztlich diagnostizierte Heuschnupfen (um 8%) und die typischen Symptome eines Heuschnupfens (um 9%) untersucht. Bei den neun- bis elfjährigen Schulkindern zeigte sich über einen Studienzeitraum von 9 Jahren keine signifikante Änderung. 

Diese Beobachtung stimmt mit zwei Studien aus England und Australien überein. In Australien wurden im Zehnjahresrhythmus zwischen 1982 und 2002 1.000 Kinder untersucht (3). 1982 bis 1992 stieg die Prävalenz bei den acht- bis elfjährigen hinsichtlich diagnostiziertem Asthma (Symptome plus Nachweis einer bronchialen Hyperreagibilität) von 4,5% auf 12,4%. Auch das Giemen (von 10,4% auf 28,6%) und die typischen Heuschnupfensymptome (von 20,5% auf 34,1%) gewannen an Bedeutung. Zwischen 1992 und 2002 gab es jedoch keinen weiteren Anstieg. Vielmehr war ein leichter Abfall der Prävalenzraten für Asthma und Giemen in den letzten 12 Monaten zu beobachten. Die Symptomhäufigkeit eines Heuschnupfens war nur noch leicht aber nicht signifikant ansteigend. Die Sensibilisierung (mind. eine Quaddel im Prick-Test über 3 mm zeigte zwischen ) in 1992 und 2002 leicht abfallende Prävalenzraten.
Eine Studie in Großbritannien kam zu ähnlichen Ergebnissen, allerdings bei etwas älteren Kindern (12 - 14 Jahre). Zwischen 1995 und 2002 sank die Häufigkeit von Giemen in den letzten 12 Monaten von 33,9% auf 27,5% und von Heuschnupfensymptomen von 18,4% auf 15,1%. Daten zur Sensibilisierung liegen nicht vor

Die drei Studien deuten daraufhin, dass es offenbar zu keinem weiteren Anstieg der Asthmaprävalenz kommt. Vielmehr scheint ein Plateau erreicht zu sein. Dabei liegt das Plateau in Deutschland deutlich niedriger als in Ländern aus dem Commonwealth, wie Großbritannien oder Australien. 

Auffällig bei der deutschen Studie ist die hohe Rate von Sensibilisierungen bei relativ niedriger Krankheitsrate. Als Sensibilisierung wurde der Nachweis eines positiven SX1 (Allergenmischung aus Majorallergenen von Gras-, Birken-, Beifuß-Pollen, Hausstaubmilben, Katze, Hund und Cladosporium) mit einem Wert über 0,35 kU/l (entsprechend Klasse I) gewählt. Das ist sicher eine sehr sensible Methode um eine Sensibilisierung nachzuweisen. Die Daten verdeutlichen, dass die Häufigkeit von Sensibilisierungen in Deutschland und anderen Ländern zwar gleich hoch ist, die Prävalenz der dazugehörigen Krankheiten, wie Asthma und Heuschnupfen, bei vergleichbarer Sensibilisierungsrate deutlich niedriger liegt. Zu diesen Unterschieden fehlt meines Wissens eine international anerkannte Erklärung. Andererseits schließe ich daraus, dass die Atopie sicher nicht der einzige Risikofaktor für die Entstehung von Asthma und Heuschnupfen, von sog. atopischen Erkrankungen ist. Außerdem fehlt eine schlüssige Erklärung, warum es zu einem Plateau kommt.

von Dr. Gerd Schauerte, pädiatrischer Pneumologe am CJD Asthmazentrum Berchtesgaden: Eine Zusammenfassung des Artikels "Kein Anstieg der Prävalenz von Asthma, Allergien und atopischer Sensibilisierung bei Kindern in Deutschland 1992 - 2001" von Dr Iris Zöllner (Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg) et al. No increase in the prevalence of asthma, allergies, and atopic sensitisation among children in Germany: 1992-2001. Thorax. 2005 (1)

Literatur:

  1. Zollner IK, Weiland SK, Piechotowski I, Gabrio T, von Mutius E, Link B, Pfaff G, Kouros B, Wuthe J. No increase in the prevalence of asthma, allergies, and atopic sensitisation among children in Germany: 1992-2001. Thorax. 2005 Jul;60(7):545-8.
  2. Asher MI, Keil U, Anderson HR, Beasley R, Crane J, Martinez F, Mitchell EA, Pearce N, Sibbald B, Stewart AW, et al. International Study of Asthma and Allergies in Childhood (ISAAC): rationale and methods. Eur Respir J. 1995 Mar;8(3):483-91.
  3. Toelle BG, Ng K, Belousova E, Salome CM, Peat JK, Marks GB. Prevalence of asthma and allergy in schoolchildren in Belmont, Australia: three cross sectional surveys over 20 years. BMJ. 2004 Feb 14;328(7436):386-7.
  4. Anderson HR, Ruggles R, Strachan DP, Austin JB, Burr M, Jeffs D, Standring P, Steriu A, Goulding R. Trends in prevalence of symptoms of asthma, hay fever, and eczema in 12-14 year olds in the British Isles, 1995-2002: questionnaire survey. BMJ. 2004 May 1;328(7447):1052-3.